Trotz aller Nachkriegsverluste gehört die Armbrustsammlung des Deutschen Historischen Museums noch immer zu den bedeutendsten der Welt. Dass diese Objekte weitaus mehr als historische Kriegswaffen sind, zeigt ab dem 20. September 2019 die Wechselausstellung „Die Armbrust – Schrecken und Schönheit“.
Die Ausstellung thematisiert auf 400 Quadratmetern die Entwicklung der Armbrust von der Kriegswaffe westeuropäischen Ursprungs hin zum Jagd- und Sportgerät in Mitteleuropa. Anhand von etwa 240 Objekten des 15. bis 20. Jahrhunderts, darunter eine von weltweit sieben Jagdarmbrusten aus dem persönlichen Besitz Kaiser Maximilians I. sowie ein Teil der Privatsammlung des Prinzen Carl von Preußen, blickt die Sammlungspräsentation nicht nur auf die Herstellungsbedingungen und oft kunstvollen Motive der Armbruste. Am Beispiel einzelner Objektgeschichten verdeutlicht sie besonders die gesellschaftlichen Funktionen der Waffe in ihren unterschiedlichen historischen Zusammenhängen.
Die Waffensammlung im Berliner Zeughaus geht auf das 18. Jahrhundert zurück, doch wurden schon vorher in den Rüst- und Kunstkammern des Berliner Schlosses wertvolle und dekorative Waffen und Rüstungen gesammelt. Im frühen 19. Jahrhundert wurden die Berliner Armbruste wie alle historischen Waffen der Könige von Preußen im Zeughaus konzentriert und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Rahmen einer Museumssammlung unter modernen Gesichtspunkten auch systematisch bearbeitet. Nur Teile dieser Sammlung überlebten die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im geteilten Berlin und befinden sich seit 1990 in der Obhut des Deutschen Historischen Museums. Sie wurden jetzt erstmals einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme unterzogen und in ihren ursprünglichen Gebrauchszusammenhang eingeordnet.
Seit langem gilt die Erfindung der Armbrust als eine der technischen Leistungen des Mittelalters. Sie war aber vor allem eine gefürchtete und schreckliche Waffe, deren Wirkung auf Distanzen erst durch die Feuerwaffen der Neuzeit übertroffen wurde. Damit ist ihre Geschichte jedoch nicht zu Ende, sondern verlagert sich vom Krieg zur höfischen Jagd, wo die lautlose und unkomplizierte Armbrust über Jahrhunderte eine von Fürsten und Adel verwendete Jagdwaffe blieb. Die hier vorgenommene kunsthistorische Betrachtung nimmt erstmals in den Blick, wie sich die Wertschätzung der Armbrust im Aufwand ihrer Herstellung spiegelte.
Ihre Hauptbedeutung erlangte die Armbrust aber im 15. bis 18. Jahrhundert im Schützenwesen der deutschen Städte. Ausgehend von den Schützengesellschaften in ganz Mitteleuropa, die ursprünglich der Selbstverteidigung der Städte dienten, entstand ein reiches gesellschaftliches Leben um das Armbrustschießen, das sich in lokalen und regionalen Schießwettbewerben und Schützenfesten zeigte. Schützenfeste waren bald Mittel der bürgerlichen Politik der Städte untereinander, wurden aber auch zunehmend von Adel und Fürsten als Möglichkeiten der staatlichen Repräsentation erkannt. Die Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass die meisten Armbruste aus dem Zusammenhang des Schützenwesens stammten und ihre technische Entwicklung dort ihren Höhepunkt fand. Technische und dekorative Gründe waren es, aus denen Armbruste gesammelt wurden. Zugleich ist die Armbrust damit eines der ältesten europäischen Sportgeräte.
Zur Ausstellung erscheint ein Bestandskatalog in deutscher Sprache (336 Seiten, 200 Abbildungen, ca. 35 €), der den Sammlungsbestand erstmals vollständig wissenschaftlich erfasst und dokumentiert.